Keine Frage: Die derzeit prominenteste Sportlerin aus dem Turngau Rems-Murr ist Gymnastik-Weltmeisterin Darja Varfolomeev vom TSV Schmiden. Doch hat der Turngau, der den Landkreis Rems-Murr sowie die Stadt Lorch und die Gemeinde Gschwend umfasst, noch weit mehr zu bieten. „Ich denke, dass wir einer der aktivsten Turngaue im STB sind. Wir versuchen einfach, die Menschen in unserem Gebiet in Bewegung zu bringen“, sagt Präsidentin Gislind Gruber-Seibold. Ein Blick auf die Homepage des TG Rems-Murr bestätigt dies: Wettkämpfe auf unterschiedlichen Leistungsebenen in Turnen, Gymnastik oder auch Rope Skipping und Rhönradturnen, Turnfeste, Bewegungs- und Tobetage für Kinder, Seminare, aber auch Wanderungen zu Fuß oder mit dem Rad.
"Mindestens 15 Stunden pro Woche"
Die Fülle an Veranstaltungen macht natürlich auch sehr viel Arbeit. „Die ehrenamtliche Arbeit ist ein extrem wichtiger Faktor. Wir haben viele Leute, die sehr viel Zeit einbringen, wir haben tolle Fachwarte und nur wenige hauptamtliche Stellen. Es ist ein sehr gutes Team mit vielen Wiederholungstätern“, beschreibt es Gislind Gruber-Seibold, die ihren persönlichen Zeitaufwand auf „mindestens 15 Stunden pro Woche“ beziffert. Dabei sind im Präsidium des Turngaus nicht einmal alle Posten besetzt. Zum Beispiel ist der Bereich Gesundheitssport derzeit vakant. „Wobei wir dort eine Fachwartin haben, die den Job im Grunde genommen macht, das Amt aber nicht haben möchte. Wo wir tatsächlich momentan etwas schwach auf der Brust sind, ist der Bereich Jugend. Das ist seit Jahren eine etwas schwierige Situation. Aber wir haben in den Vereinen viele engagierte Leute, die dort etwas in Schwung bringen, wir bekommen alle Themen besetzt. Und ich möchte den Vereinen ja auch niemanden wegnehmen“, so die Präsidentin. „Zumal wir ja auch ein Flächenturngau sind und viele Jugendliche haben allein schon aus Altersgründen keinen Führerschein, sind also nicht so ohne weiteres mobil.“
Varfolomeev das Aushängeschild
Im Spitzensport ist die bereits erwähnte Darja Varfolomeev derzeit das größte Aushängeschild des Turngaus. „Eine Wahnsinnsleistung, und die junge Frau ist ja erst 16 Jahre alt. Aber wir sind auch sehr stolz auf die Turner Sebastian Krimmer und Emelie Petz oder auf die Rope Skipper aus Remshalden, die ja Deutscher und Europameister sind sowie einen Deutschen Einzelmeister stellen. Die Mannschaften der TSG Backnang turnen in der 3. Bundesliga beziehungsweise in der Regionalliga“, zählt Gislind Gruber-Seibold auf.
Ein weiteres Thema, das bei Gruber-Seibold auf der Agenda steht, könnte möglicherweise noch im gesamten Bereich des STB aktuell werden: Sie möchte die Bezeichnung „Turngau“ ändern, da ihr die Assoziation zum Nationalsozialismus zu eng ist. „Es gibt da schon Gespräche, auch mit anderen Turngauen. Es wird noch nicht in den nächsten Monaten konkret werden.“ Aber sie will das Thema weiterhin verfolgen, „denn ich denke, dass die Zeit dafür reif ist“. Und bis es so weit ist, werden Gislind Gruber-Seibold und ihr Team sich weiter darum kümmern, dass der Turngau Rems-Murr in Bewegung bleibt.
Seilspringen in Perfektion
Mit dem, was man landläufig als Seilspringen – so die wörtliche Übersetzung – kennt, hat Rope Skipping im Wettkampf nur ungefähr so viel zu tun wie ein Trabbi mit einem Formel 1-Boliden. „Es geht ja nicht nur darum, über ein Seil zu hüpfen. Es werden Figuren gesprungen, während das Seil bis zu sechsmal bei einem Sprung durchgeschlagen wird“, erklärt Petra Trübenbach. Und sie muss es wissen: Als Fachwartin Rope Skipping im Turngau Rems-Murr und als Trainerin bei der SV Remshalden hat sie mit ihren Schützlingen mittlerweile zahlreiche Titel gewonnen. Aktuell kommen die Deutschen Meister in Einzel und Mannschaft sowie die Mannschafts-Europameister von der SVR. Immer wieder werden die Springer auch für Showauftritte bei Veranstaltungen gebucht.
Begonnen hatte alles Mitte der 1990er-Jahre. „Da waren wir beim Deutschen Turnfest und da wurde Rope Skipping im Rahmen einer Show präsentiert. Und da die meisten meiner Turnerinnen in einem Alter waren, in dem man sich etwas Neues sucht, haben wir das ausprobiert. Zunächst haben wir es uns selbst beigebracht und uns dann über Seminare und Fortbildungen immer weiter verbessert“, so Petra Trübenbach. Inzwischen betreut sie die fünfte Generation an Springerinnen und Springern, wobei „die weibliche Seite deutliche stärker vertreten ist. Das ist bei anderen Nationen wie den USA oder Belgien genau umgekehrt – warum auch immer.“
Personalintensive Sportart
Insgesamt acht verschiedene Disziplinen (je vier Pflicht und Kür) gibt es im Rope Skipping, darunter „Speed“, bei dem es darum geht, in 30 bis 180 Sekunden so viele Laufschritte wie möglich über das Seil zu machen, oder „Double Dutch“. Hierbei werden zwei lange Seile von zwei Schwingern gegeneinander geschwungen, über die dann ein oder mehrere Springer Tricks und Figuren machen. „Das Ganze muss dann auch auf die Musik abgestimmt werden. Rope Skipping hat schon recht viel mit Akrobatik, Koordination und Musikgefühl zu tun“, sagt Petra Trübenbach.
Die Sportart ist allerdings auch sehr personalintensiv. „Wenn man zu einem Wettkampf fährt, muss man auch immer eine Mindestzahl an Kampfrichtern stellen. Da reichen die Trainer alleine meist nicht aus, da muss man zum Beispiel ehemalige Springer für gewinnen“, so Trübenbach. Das ist wohl mit ein Grund, warum die SVR mittlerweile der einzige Verein im Turngau Rems-Murr ist, der Rope Skipping im Wettkampfbereich anbietet. Doch solange dabei solche Erfolge rausspringen, wird das sicher auch noch so bleiben.